Der Schauspieler und Regisseur war Mitbegründer und künstlerischer Direktor des "Freedom-Theatre", einem engagierten politischen Theaterprojekt, dessen Entstehung bis in die erste Intifada im Jahr 1988 zurückreicht.
Kontakt zum Freedom Thetre Jenin:
info(at)thefreedomtheatre.org, www.thefreedomtheatre.org
Der Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.V. arbeitete - nachdem es 2002 im Zuge einer Intervention der israelischen Armee im Flüchtlingslager Jenin vollständig zerstört worden war - seit der Neueröffnung des Theaterprojektes Freedom-Theatre im Jahr 2005 mit Juliano und seinem Team des Freedom Thetare zusammen. Mehrere Besuche und Gegenbesuche zwischen dem Freedom-Theatre und dem Kieler Flüchtlingsrat haben stattgefunden. Eine Gastspielreise führten das junge Team des Freedom-Theatre zuletzt 2009 u.a. nach Kiel. Weitere Auftritte in Kiel waren geplant.
Juliano hat sich zu keinem Zeitpunkt durch Militärs oder andere Parteigänger israelischer Besatzungspolitik noch durch reaktionäre palästinensische Akteure beirren lassen. Diese aufrechte Haltung prägte auch die künstlerische Arbeit des Theaters und der dazugehörigen Schauspielschule - und wurde Juliano möglicherweise zum Verhängnis. Unter anderem die israelische Zeitung Haaretz, die Online-Zeitung JewishJournal.com, Al Quds al Arabi, The Guardian und nicht zuletzt das Freedom-Theatre selbst melden am 4. April 2011, dass Juliano Mer-Khamis durch eine Gruppe maskierter Attentäter mit 5 Schüssen am hellen Tage und vor den Augen seines 1-jährigen Sohne Jay vor dem Theater im Flüchtlingslager Jenin quasi hingerichtet wurde. Der Leichnam Julianos wurde noch am selben Tag nach Israel übergeführt. Das Freedom Theatre rief auf zu einem symbolischen Begräbniszug, der am Donnerstag, den 7. April 2011 und erneut am 5. Jahrestag des Attentates am 4. April 2016 durch das Flüchtlingslager Jenin führen wird.
Mit Juliano haben wir einen unbeirrbaren und über alle Maßen für Gleichheit, Frieden und Freiheit engagierten Kollegen verloren. Über Motive und Identitäten der Täter gibt es bis heute nur Vermutungen.
Es ist denkbar, dass die Tat einer Reihe extralegaler Hinrichtungen gegen palästinensische und andere gegenüber der Besatzungpolitik kritische Aktivisten durch israelische Kräfte zugerechnet werden muss. Aber auch palästinensische Akteure kommen als Täter in Frage. Denn Juliano Mehr Khamis saß als Künstler und Menschenrechtler zwischen allen Stühlen. Sein politisches und künstlerisches Engagement galt gleichzeitig der Bekämpfung der israelischen Besatzung und ihrer ökonomischen und militärischen Gewalt, wie der Kritik am Treiben reaktionärer und korrupter Akteure, die er auf palästinensischer Seite für das Verheizen junger Menschen in einem aussichtslosen asymmetrischen Aufstand, die Unterdrückung von Frauen und Mädchen sowie das soziale und kulturelle Ausbluten der palästinensischen Gesellschaft insgesamt verantwortlich machte. Juliano und das Ensemble des Freedom Theatre waren mehrmals auf Einladung der Heinrich-Böll-Stiftung und des Flüchtlingsrats in Kiel. Auch haben Besuche in Jenin und in Julianos Heimatstadt Haifa stattgefunden.
Wir gedenken einem guten Freund, für den Freiheit und Solidarität nicht nur Worthülsen, sondern alltäglichen Kampf bedeuteten und unteilbarer Bestandteil seines widerständigen Lebens waren.
Das Freedom Theatre wurde 2005 im palästinensischen Flüchtlingslager bei Jenin wieder aufgebaut, nachdem das erste Theater 2002 von der israelischen Armee zerstört worden war. Gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen wird ein Raum geschaffen, in dem sich Phantasien entwickeln und andere Realitäten vorgestellt werden können. Neben dem Theater als Veranstaltungszentrum gibt es verschiedene Theater-, Zirkus-, Musik und Tanzgruppen. 2008 wurde die Schauspielschule des Theaters eröffnet, die seither jungen Menschen aus der Region eine Zukunftsperspektive im Schauspiel eröffnet.
Jenin liegt im Norden des seit 1967 von Israel besetzten Westjordanlands. Früher die "Gartenstadt Palästinas", umschließt Jenin heute eines der größten palästinensischen Flüchtlingslager mit mehr als 5.000 Kindern und Jugendlichen. Diese wachsen in einer scheinbar endlosen Schleife von Gewalt und Aggression auf. Sie kennen keine Kindheit, in der sie sorglos spielen, experimentieren, einen Sinn im eigenen Leben und in dem ihrer Umgebung entdecken können. Sie zeigen im Gegenteil ein Besorgnis erregendes traumatisches Verhalten.
Das Freiheitstheater Jenin will mit Mitteln der Kunst soziale und politische Veränderung erreichen. Den Kindern des Flüchtlingslagers werden unterschiedliche Möglichkeiten eröffnet, eigene Fähigkeiten zu entfalten und das Selbstvertrauen aufzubauen, das sie brauchen, um ihre Zukunft selbst in die Hand zu nehmen. Ziele sind dabei u.a., die psychosoziale Entwicklung der Kinder zu fördern, damit sie ihre Kindheit inmitten der kriegerischen Auseinandersetzungen nicht gänzlich verlieren. Gemeinsam mit den Kindern soll ein Raum geschaffen werden, in dem sie Phantasien entwickeln und sich andere Realitäten vorstellen können. Man will Bedingungen herstellen, in denen sich Jungen und Mädchen in gleicher Weise und ohne Scheu einbringen, ausprobieren und Fähigkeiten entwickeln können, den kulturell, sozial und politisch gegebenen Barrieren selbstbewusst zu begegnen, um sie zu verändern.
Begonnen hat alles 1988 mit zwei Kinderhäusern, die die Pädagogin und Friedensaktivistin Arna Mer-Khamis , die Mutter des ehemaligen Regisseurs und Leiters, Juliano Mer-Khamis, während der 1. Intifada in den von Israel besetzten Gebieten aufgebaut hatte, um den Kindern von Jenin einen Zugang zu elementarer Bildung zu erhalten. Der alternative Nobelpreis, den Arna dafür 1993 in Stockholm erhielt, ermöglichte ihr, den Aufbau des ersten "Freedom Theatre" zu finanzieren. Es wurde bei der 2. Intifada 2002 im Zuge einer Militärintervention von der israelischen Armee völlig zerstört.
Mit dem Film "Arnas Kinder" hat Juliano Mer-Khamis 2004 seinem eigenen und dem Wirken seiner Mutter ein filmisches Denkmal gesetzt. Die deutsche Fassung der DVD "Arnas Kinder" kann beim Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein in Kiel bezogen werden:
office(at)frsh.de, T. 0431-735 000, www.frsh.de
Im Jahre 2005 konnte Juliano Mer-Khamis das Theater neu eröffnen.
Der Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.V. hat in seinem Magazin DER SCHLEPPER regelmäßig über das ambitionierte politische Theaterprojekt im Norden des palästinensischen Westjordanlandes berichtet: www.frsh.de/schlepper/
Sophienblatt 82-86
24114 Kiel
Tel. +49-(0)431 735 000
Fax: +49-(0)431 736 077
eMail: office(at)frsh.de
Telefonische Sprechzeiten:
Mo. bis Fr.: 09.30 - 13.00 Uhr
Mo. und Do.: 15.00 - 18.00 Uhr
Solidarität kostet Geld!
Hier geht's zum Spendenformular für den Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein bei betterplace
Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.V. Copyright 2015 - 2020