Schon am kommenden Freitag, 16.12.2016, soll der Bundesrat über das dritte Gesetz zur Änderung des AsylbLG endgültig abstimmen (BR-Drs 713/16). Die Vorlage sieht eine nochmalige gravierende Kürzung der AsylbLG-Leistungen vor!
Alleinstehende Flüchtlinge in Gemeinschaftsunterkünften würden quasi „zwangsverpartnert“ und sollen mit dieser Begründung nur noch 90% des Regelsatzes erhalten. Für sie soll ab 1.1.2017 die eigentlich für gemeinsam aus einem Topf wirtschaftende Ehepartner gedachte Regelbedarfsstufe 2 gelten. Weitere Infos zum Gesetzentwurf siehe hier.
Die AsylbLG-Leistungen würden noch weiter unter das Niveau der Sozialhilfe (ALG II bzw. SGB XII) sinken. Ab 1.1.2017 bekäme ein Alleinstehender in einer Unterkunft mit Selbstversorgung nur noch 299 Euro/Monat, der ALG II-Regelsatz beträgt ab 1.7.2017 hingegen 409 Euro/Monat. Auch die Taschengeldsätze des AsylbLG bei Vollverpflegung würden zum 1.1.2017 erneut gekürzt. (Vgl. zur Kürzungshistorie auch das PDF anbei.)
Die sachlich mit einem realen Minderbedarf aus einen gemeinsamen Wirtschaften einander fremder Menschen nicht wirklich begründbare Gesetzesvorlage widerspricht u.E. klar dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18.07.2012 zum AsylbLG, wonach „die Menschenwürde migrationspolitisch nicht relativierbar“ ist, das menschenwürdige Existenzminimum für Deutsche und Ausländer gleichermaßen sicherzustellen ist, und migrationspolitisch motivierte Kürzungen am Existenzminimum verfassungswidrig sind.
So argumentiert auch der Ausschuss für Arbeit und Soziales des Bundesrates: „Die spezielle (abgesenkte) Bedarfsstufe für Leistungsbezieher/innen in Gemeinschaftsunterbringung, die nicht in einer Paarbeziehung leben, basiert auf sachlich nicht gerechtfertigten Annahmen und ist aufzuheben.“
Statt der vom Bundesverfassungsgericht geforderten Angleichung des Leistungsniveaus im AsylbLG an das ALG II zu entsprechen, wird mit der geplanten Verschärfung des AsylbLG erneut der Weg beschritten, die Leistungen aus migrationspolitischen Gründen (Abschreckung) zu kürzen.
„Die 2013er Initiative Schleswig-Holsteins und anderer Bundesländer zur Abschaffung des diskriminierenden Asylbewerberleistungsgesetzes war leider nicht erfolgreich“, bedauert Martin Link, Geschäftsführer im Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein, rückblickend. Informationen, dass die schleswig-holsteinische Landesregierung die geplante Verschärfung der Schlechterstellung bei der sozialen Versorgung von Geflüchteten am kommenden Freitag im Bundesrat nicht mittragen will, seien allerdings zu begrüßen.
Letztlich kann eine diskriminierungsfreie und verfassungskonforme Leistungsgewährung für Flüchtlinge aber nur in der Form erfolgen, dass das AsylbLG tatsächlich ersatzlos abgeschafft wird und Flüchtlinge in das soziale Sicherungssystem nach dem Sozialgesetzbuch eingegliedert werden. Dies wäre auch im Interesse einer frühzeitigen gesellschaftlichen Teilhabe.
Kontakt:
- Martin Link, Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.V., T. 0431-735 000
- Dr. Andelka Krizanovic, PRO ASYL, presse@proasyl.de, T. 069 - 24 23 14-30